Office of Strategic Services BERLINER TAGEBLATT
Hitler als Zeuge im Leipziger Reichswehrprozess.
(Three young officers of the Reichswehr, Ludin, Scheringer, -- who a short
time later turned Communist -- and Wendt were accused of high treason
particularly with regard to their negotiations with the National Socialist
party -- which had won its first impressive electoral victory 10 days
before -- for the purpose of doing away with the present government by
force. Hitler was supposed to explain wether the Nazis planned any
"illegal" action in order to gain power.)
Es wird dann der Zeuge Hitler vorgerufen. Er gibt bei seiner Vernehmung
zum Persoenlichen an, dass er staatenlos ist. Das ist deshalb interessant,
weil man bisher der Meinung war, dass er oesterreichischer Staatsbuerger
sei. Der Vorsitzende teilt ihm mit, dass er darueber vernommen werden
soll, ob seine Partei ausschliesslich legale Mittel anwenden will oder
nicht. Er ersucht Hitler sich in grossen Zuegen ueber die Geschichte und
Entstehung der Nationalsozialistischen Partei zu aeussern und ermahnt ihn,
nicht etwa eine mehrstuendige Propagandarede zu halten. Hitler beginnt weit
ausholend: "Ich war von 1914 bis 1918 Soldat an der Westfront." Er faehrt
dann fort zu beschreiben, welche Verfallserscheinungen nach seiner Meinung
zu der Niederlage im Kriege gefuehrt haben und zu dem weiteren Niedergang
des Reiches. Der Vorsitzende unterbricht ihn und verweist ihn auf das Thema.
Das ist sehr notwendig, denn Hitler hat sich bereits in einen pathetischen
Ton hineingesteigert und appeliert sehr deutlich an die Gemuetsregungen der
Zuhoerer. Er hat damit begonnen, offenkundig mehr zum Publikum als zum
Gericht zu sprechen. Zur gleichen Zeit, waehrend er seine Rede begann,
ertoent ein haeufig wiederholtes Heilrufen und Heil-Hitler Rufen von dem
Platz vor dem Reichsgericht in den Saal hinein.
Die Szenen zeigt
unzweifelhaft einen gewissen dramatischen Charakter. Nach der Unterbrechung
durch den Vorsitzenden bewegte sich die weitere Vernehmung wieder mehr in
forensischen Formen. Der Vorsitzende haelt dem Zeugen Hitler seine
Verurteilung wegen Hochverrats vor und zitiert aus dem Urteil des Muenchener
Volksgerichts aus dem Jahre 1924. Hitler: "Die Schutzabteilungen, die heute
von manchen Sturmabteilungen genannt werden, waren auf den Wunsch amtlicher
Stellen in militaerische Formationen umgewandelt worden. Was den Putsch
angeht, so lag ein Zwang vor ihn vorzunehmen, der nicht meinem Wunsch
entsprach. so wurden wir durch Veranlassung anderer in den Putsch
hineingetrieben. Nachher aber sind wir zu den frueheren Grundsaetzen
zurueckgekehrt, nach denen die S.A. lediglich dazu dienen sollen, die
freie geistige Propaganda gegenueber fremdem Terror zu bewahren.
Ich habe in strengsten Erlassen das Waffenverbot eingeschaerft. Kein S.A.
Mann darf eine Waffe haben. Wenn eine Abteilung trotzdem Waffen besitzt,
so erfolgt ihre sofortige Aufloesung. (Man erinnere sich bei diesen Worten
daran, dass dieser Tage eine englische Zeitung von Uebungen einer S.A.
Abteilung mit einem Maschinengewehr in der Naehe von Ettal bei Muenchen
berichtet). Jeder Versuch, die Reichswhere zu zersetzen, erschiene mir
als Verbrechen und Aberwitz. Das ist nie geschehen.
Hier steigert sich Hitler wiederum in den Ton einer Volksrede hinein und
wird vom Vorsitzenden aufgefordert sich sachlicher auszudruecken. Hitler
fortfahrend: Wir werden dafuer sorgen, dass das kleine Soeldnerheer wieder
das grosse Volksheer wird.
Vors.: Aber, Herr Hitler, man kann doch auch diese idealen Ziele, die Sie
eben geschildert haben, mit ungesetzlichen Mitteln verfolgen?
Vors.: Sie habe aber selbst einmal gesagt, in diesem Kampfe werden
Koepfe rollen, sorgen wir, dass die Koepfe anderer rollen.
Der Vorsitzende laesst sich in eine verfassungsrechtliche Diskussion mit
Hitler ein, die von beiden Seiten mit nicht sehr ueberzeugenden Argumenten
gefuehrt wird. Hitler fuehrt aus, dass die politischen Parteien das
Entscheidende seien bei der Bestimmung der Mittel fuer die Wehrmacht. Er
definiert weiter den Unterschied zwischen seiner Partei und allen anderen
Parteien dahin, dass bei allen anderen Parteien der "Staat ein Zweck an
sich sei, waehrend in der voelkischen Partei "das Volk der Zweck an sich
sei."
Hitler beteuert: Ich werde die nationalsozialistische Bewegung nie wieder
in die Situation hineinfuehren, in der Offiziere sich entscheiden
muessen, ob sie auf uns schiessen sollen. Denn der Offizier ist in solcher
Situation "nicht nur Objekt des Gefuehls, sondern auch Objekt der Pflicht".
Interessant ist, dass Hitler die gesammte nationalsozialistische Literatur
und ebenso alle Aeusserungen anderer nationalsozialistischer Fuehrer als
nicht bindend fuer seine Partei anerkennt. Dagegen beteuert er: "Ich
verlange von jedem Deutschen, dass er mein Programm kennt und dass er meine
Reden liest." ...........Der Rechtsanwalt Prabke beendigt seine
Ausfuehrungen mit dem Ruf, Hitler muesse vereidigt werden, damit kein
Makel an dem Parteifuehrer hafte. Der Senat zog sich zur Beratung zurueck....
Der Vorsitzende verkuendigte den Beschluss: Der Zeuge Adolf Hitler ist zu
vereidigen... Hierauf tritt Adolf Hitler vor und leistet den Zeugeneid.
(All this after Hitler's explanations have been greatly discredited by
what Staatssekretaer Zweigert had to say.)
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Hitler Source Book
Berliner Tageblatt
September 1930
Donnerstag, den ??. September 1930